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Wie Medtech-Hersteller Anforderungen internationaler Gesundheitsbehörden erfüllen können

<p>Internationale Gesetzgebung macht deutschen Medtech-Mittelständlern zu schaffen / Innovative PLM-Systeme reduzieren Komplexität</p>

Minderwertige Brustimplantate aus Frankreich befeuerten vor rund zwei Jahren die Debatte um strengere Regularien für medizinische und medizintechnische Produkte. Es stand im Raum, die Zulassungsrichtlinien für medizintechnische Produkte ähnlich wie bei Arzneimitteln zu verschärfen, die erst nach klinischen Studien die Zulassung erhalten. Zwar ist die neue EU-Verordnung nicht so streng geworden, wie es viele Hersteller befürchtet hatten, doch haben gerade die europäischen Hersteller häufig mit der Zulassung auf dem attraktiven amerikanischen Markt zu kämpfen.
Die dortigen strengeren Richtlinien der FDA haben zuletzt vermehrt zu Verwarnungen und Importverboten bei europäischen Geräteherstellern geführt, da Anforderungen nicht erfüllt wurden. Der finanzielle Schaden durch Umsatzausfälle und der um ein Vielfaches erhöhte Qualitätssicherungsaufwand haben zum Teil eine dreistellige Millionenhöhe erreicht. Durch die sprunghaft gestiegene Anzahl der Kontrollen und sogenannten Warning Letters der FDA entsteht ein hoher Aufwand  schon in der Vorbereitung auf diese Audits. Hier bereiten vor allem unzureichend dokumentierte ältere Produkte Kopfschmerzen, für die zum Teil unter erheblichem Aufwand Dokumentationen angelegt werden müssen. Verbunden mit der hohen Variantenvielfalt in vielen Bereichen der Medizintechnologie, entstehen hier ganz erhebliche Kosten. Für die auf den Export angewiesenen deutschen Mittelständler sind dies harte Einschnitte, auf die nur wenige vorbereitet sind. Daher rückt derzeit in der Branche ein bislang vernachlässigtes Thema auf die Agenda: Das Produkt Lifecycle Management (PLM), als das gezielte Management der Prozesse und Dokumentation bei der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Medizinprodukten über den gesamten Lebenszyklus hinweg.
Die neuen Regularien vieler Länder werden bei den Mittelständlern die Art und Weise ändern, wie sie die Entwicklung und ihre Produkte managen. Schließlich müssen die jeweiligen Anforderungen in den Ländern sowohl den Forschern und Entwicklern bekannt sein, und anschließend bei der Konstruktion der jeweiligen Geräte berücksichtigt und erfüllt werden. Auch das Management der Produktinformationen muss bei Herstellern, in Kliniken in Arztpraxen und Co. angepasst werden. Zudem müssen Mitarbeiter – vom Einkäufer bis zum Vertriebsmitarbeiter – entsprechend geschult werden.
Ein gut geführtes PLM ermöglicht, die umfassenden Daten eines Geräts zusammen mit den Anforderungen des jeweiligen Staates zu managen. Dabei greifen fast alle Abteilungen auf ein PLM-System zu. PLM kann Prozesse im Unternehmen vereinfachen und z.B. durch größere bereichsübergreifende Datentransparenz die Abstimmungskosten senken. Aber auch Externe wie z.B. Behörden müssen gelegentlich auf das PLM zugreifen können. Bei einem Produktrückruf müssen beispielsweise häufig in einer festgelegten Zeit viele Komponenten- und Gerätedaten zur Verfügung gestellt werden. Ist das Unternehmen dazu nicht in der Lage, drohen empfindliche Strafen. „Deshalb hat sich die Fähigkeit, ein gut funktionierendes PLM-System aufzubauen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor entwickelt“, sagt Dr. Thilo Kaltenbach, Leiter der Healthcare Practice bei der Innovations- und Strategieberatung Arthur D. Little. „PLM kann also nicht nur als IT verstanden werden, sondern auch als Geschäftsansatz.“
Doch was kann PLM darüber hinaus konkret leisten? Zum einen kann es dabei helfen die Kosten für die Produktion des Geräts zu senken, etwa wenn ein Unternehmen identische Komponenten, die es zukauft, unter verschiedenen Nummern führt und so keine Rabatte realisiert. Zum anderen fällt die Zusammenarbeit an verschiedenen Unternehmensstandorten leichter, wenn alle Mitarbeiter mit derselben Datenbasis und einem übergreifendem System arbeiten. Auch erhöhen sich nach der Einführung eines innovativen PLMs nachweislich sowohl die Qualität als auch die Effizienz der Geräteentwicklung, da sie bei einer standardisierten Entwicklung mithilfe eines einheitlichen Produktdatenmanagements ansetzen kann.
Bei der Integration bzw. Anpassung eines bestehenden PLMs hat sich bei vergangenen Projekten die Beachtung der folgenden drei Grundsätze als signifikanter Erfolgsbeitrag herausgestellt:Die Unternehmensziele sollten direkt mit dem PLM verbunden werden, so dass sich jeder Mitarbeiter stets daran orientieren kann.

  • Eine umfangreiche Einschätzung sowie Auswahl der PLM-Software kann bis zu 30% der gesamten Projektlaufzeit in Anspruch nehmen. Doch erfahrungsgemäß zahlt es sich aus, die PLM-Strategie sorgfältig zu planen.
  • Besonders empfehlenswert sind offene Plattformen, denn damit lässt sich andere Software im Unternehmen leichter an das PLM anbinden.

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Wie Medtech-Hersteller Anforderungen internationaler Gesundheitsbehörden erfüllen können

<p>Internationale Gesetzgebung macht deutschen Medtech-Mittelständlern zu schaffen / Innovative PLM-Systeme reduzieren Komplexität</p>

Minderwertige Brustimplantate aus Frankreich befeuerten vor rund zwei Jahren die Debatte um strengere Regularien für medizinische und medizintechnische Produkte. Es stand im Raum, die Zulassungsrichtlinien für medizintechnische Produkte ähnlich wie bei Arzneimitteln zu verschärfen, die erst nach klinischen Studien die Zulassung erhalten. Zwar ist die neue EU-Verordnung nicht so streng geworden, wie es viele Hersteller befürchtet hatten, doch haben gerade die europäischen Hersteller häufig mit der Zulassung auf dem attraktiven amerikanischen Markt zu kämpfen.
Die dortigen strengeren Richtlinien der FDA haben zuletzt vermehrt zu Verwarnungen und Importverboten bei europäischen Geräteherstellern geführt, da Anforderungen nicht erfüllt wurden. Der finanzielle Schaden durch Umsatzausfälle und der um ein Vielfaches erhöhte Qualitätssicherungsaufwand haben zum Teil eine dreistellige Millionenhöhe erreicht. Durch die sprunghaft gestiegene Anzahl der Kontrollen und sogenannten Warning Letters der FDA entsteht ein hoher Aufwand  schon in der Vorbereitung auf diese Audits. Hier bereiten vor allem unzureichend dokumentierte ältere Produkte Kopfschmerzen, für die zum Teil unter erheblichem Aufwand Dokumentationen angelegt werden müssen. Verbunden mit der hohen Variantenvielfalt in vielen Bereichen der Medizintechnologie, entstehen hier ganz erhebliche Kosten. Für die auf den Export angewiesenen deutschen Mittelständler sind dies harte Einschnitte, auf die nur wenige vorbereitet sind. Daher rückt derzeit in der Branche ein bislang vernachlässigtes Thema auf die Agenda: Das Produkt Lifecycle Management (PLM), als das gezielte Management der Prozesse und Dokumentation bei der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Medizinprodukten über den gesamten Lebenszyklus hinweg.
Die neuen Regularien vieler Länder werden bei den Mittelständlern die Art und Weise ändern, wie sie die Entwicklung und ihre Produkte managen. Schließlich müssen die jeweiligen Anforderungen in den Ländern sowohl den Forschern und Entwicklern bekannt sein, und anschließend bei der Konstruktion der jeweiligen Geräte berücksichtigt und erfüllt werden. Auch das Management der Produktinformationen muss bei Herstellern, in Kliniken in Arztpraxen und Co. angepasst werden. Zudem müssen Mitarbeiter – vom Einkäufer bis zum Vertriebsmitarbeiter – entsprechend geschult werden.
Ein gut geführtes PLM ermöglicht, die umfassenden Daten eines Geräts zusammen mit den Anforderungen des jeweiligen Staates zu managen. Dabei greifen fast alle Abteilungen auf ein PLM-System zu. PLM kann Prozesse im Unternehmen vereinfachen und z.B. durch größere bereichsübergreifende Datentransparenz die Abstimmungskosten senken. Aber auch Externe wie z.B. Behörden müssen gelegentlich auf das PLM zugreifen können. Bei einem Produktrückruf müssen beispielsweise häufig in einer festgelegten Zeit viele Komponenten- und Gerätedaten zur Verfügung gestellt werden. Ist das Unternehmen dazu nicht in der Lage, drohen empfindliche Strafen. „Deshalb hat sich die Fähigkeit, ein gut funktionierendes PLM-System aufzubauen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor entwickelt“, sagt Dr. Thilo Kaltenbach, Leiter der Healthcare Practice bei der Innovations- und Strategieberatung Arthur D. Little. „PLM kann also nicht nur als IT verstanden werden, sondern auch als Geschäftsansatz.“
Doch was kann PLM darüber hinaus konkret leisten? Zum einen kann es dabei helfen die Kosten für die Produktion des Geräts zu senken, etwa wenn ein Unternehmen identische Komponenten, die es zukauft, unter verschiedenen Nummern führt und so keine Rabatte realisiert. Zum anderen fällt die Zusammenarbeit an verschiedenen Unternehmensstandorten leichter, wenn alle Mitarbeiter mit derselben Datenbasis und einem übergreifendem System arbeiten. Auch erhöhen sich nach der Einführung eines innovativen PLMs nachweislich sowohl die Qualität als auch die Effizienz der Geräteentwicklung, da sie bei einer standardisierten Entwicklung mithilfe eines einheitlichen Produktdatenmanagements ansetzen kann.
Bei der Integration bzw. Anpassung eines bestehenden PLMs hat sich bei vergangenen Projekten die Beachtung der folgenden drei Grundsätze als signifikanter Erfolgsbeitrag herausgestellt:Die Unternehmensziele sollten direkt mit dem PLM verbunden werden, so dass sich jeder Mitarbeiter stets daran orientieren kann.

  • Eine umfangreiche Einschätzung sowie Auswahl der PLM-Software kann bis zu 30% der gesamten Projektlaufzeit in Anspruch nehmen. Doch erfahrungsgemäß zahlt es sich aus, die PLM-Strategie sorgfältig zu planen.
  • Besonders empfehlenswert sind offene Plattformen, denn damit lässt sich andere Software im Unternehmen leichter an das PLM anbinden.