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Kampf um den Profit Pool - Strukturwandel im Flottenservice

<p>Arthur D. Little Studie mit 80 Führungskräften im Flottenservice / Kundendruck steigt - Leasinggesellschaften treiben den Wandel / Ertrag der OEM und ihrer Servicepartner gefährdet / Werkstattketten profitieren / Kooperationsfähigkeit entscheidet über künftigen Markterfolg</p>

Die Automobilindustrie in Europa kämpft mit einem dramatischen Abschwung. Der Absatzeinbruch hat die Talsohle noch nicht erreicht, die Prognosen der meisten Analysten für 2010 sind negativ. Staatliche Subventionen wie die Abwrackprämie führen zwar zu einer kurzfristigen Markterholung, verlagern jedoch das Volumen- und Umsatzrisiko in die Folgejahre. Selbst das oft wenig beachtete Aftersales-Geschäft, die wichtigste Profitabilitätssäule im Automobilmarkt, ist betroffen. Fast 50 Prozent der Fahrzeuge im Fahrzeugalter bis 3 Jahre (das "Segment 1") in Europa werden Geschäftskunden zugeordnet. Dem Servicemarkt für diese Kundengruppen wurde bis dato wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Fallende Fahrzeugrestwerte und Kostensenkungsziele der Fuhrparkmanager haben dies nun geändert und den Markt in Bewegung gebracht. Neben Herstellern (OEMs), ihren markengebundenen Servicepartnern, unabhängigen Werkstattketten und Leasinggesellschaften (captive und non-captive) sind auch Versicherungen und andere Intermediäre erheblich betroffen. Arthur D. Little hat im Zeitraum März bis Juni 2009 im Rahmen einer Studie 80 Interviews mit Führungskräften in der Industrie durchgeführt. Die Studie zeigt eine erhebliche Unsicherheit bei allen Marktteilnehmern auf, was die Mehrheit der Studienteilnehmer zur Überarbeitung ihrer Strategien treibt. Die derzeitige Situation birgt aber auch Chancen für alle Marktteilnehmer. Die Startpunkte sind jedoch sehr unterschiedlich. Kundendruck steigt - Leasinggesellschaften treiben den Wandel
Der Trend im Flottenservice geht zunehmend weg vom Anbietermarkt und wird nachhaltig bestimmt von den Anforderungen der Geschäftskunden. Hier sind insbesonders die Leasinggesellschaften bestimmend. Aber auch große Firmenfuhrparks spielen im Bereich der Teilebeschaffung, Vermietgesellschaften für das Reifen-, Glas- und Reparaturgeschäft eine wesentliche Rolle. Die Anforderungen dieser Kundengruppen an ihre Werkstattpartner gehen zunehmend über eine "ordentliche" Werkstattleistung hinaus. Gemeinsame Forderungen betreffen vor allem einheitliche Preise und Rabatte sowie konsistente Services (z.B. Hol- und Bringdienste) im gesamten Werkstattnetz. Prozessunterstützung und Vereinfachung der Abwicklung wie z.B. Sammelrechnungen, automatische Reparaturauthorisierung etc. sind mittlerweile Standardanforderungen. OEMs und ihre Netze sind nicht mehr die erste Wahl - auch von ihnen werden ebenfalls zusätzliche Boni, um bei der Partnerauswahl zum Zuge kommen, gefordert. Ertrag der OEM und ihrer Servicepartner gefährdet
Die OEM und ihre Servicepartner können die gestiegenen Anforderungen nicht ausreichend bedienen. Dies liegt insbesonders begründet in der üblichen Franchise-Struktur, bei der Händler und Werkstätten zumeist eigene Preisstellungen für Teile und Services festsetzen können. Ein einheitlicher Auftritt, regional oder national, ist daher für die meisten Marken nicht abbildbar. Verschärft wird die Situation vom Trend, den Fahrzeugservice auch während der Garantiezeit außerhalb des Markennetzes und wo möglich mit gleichwertigen, aber günstigeren Ersatzteilen durchführen zu lassen. Mit dem entstehenden "Serviceleck" gerät für die markengebundenen Werkstätten eine wesentliche Ertragssäule unter Druck, bei den OEM ist das margenstarke Teilegeschäft akut bedroht. Obgleich Normstrategien wie z.B. Großkundennetze, Serviceverträge, einheitliche Leistungspakete etc. vorliegen, tun sich die Hersteller mit einer konsequenten Reaktion immer noch schwer. Werkstattketten profitieren
Profiteure dieses Trends sind großteils die unabhängigen Werkstattketten. Diese suchen nicht zuletzt auch wegen Überkapazitäten im Privatkundenservice nach Möglichkeiten zu profitablem Wachstum. Mit aggressiven Strategien brechen sie auch in das Wartungsgeschäft ein und ergänzen ihre Preisführerschaft zunehmend mit zusätzlichen Services. Ihre Imagenachteile gegenüber den Marken sind erkannt, mit angepasstem Marketing wird gegengesteuert. Erfolgreiche Strategien basieren häufig auf einer Einheitlichkeit des Angebots hinsichtlich Produkt, Service und Preisstellung. In den Bereichen Reifen und Glas, in denen markenübergreifend spezialisierte Geschäftsmodelle entstanden sind, kämpfen die Hersteller mit den heutigen Geschäftsmodellen ihrer Werkstätten bereits auf verlorenem Boden - sehen sich aktuell aber noch außerstande, dieses zu ändern. Intermediäre verändern das Geschäftsmodell
Um die Anforderungen der Geschäftskunden zukünftig bedienen zu können, muss neben einem ausreichend dichten, konsistenten Servicenetzwerk für Großkunden eine performante und konsistente Prozessunterstützung für diese Kunden sichergestellt werden. Hierbei kommt zukünftig den Intermediären eine Schlüsselrolle zu, die wie Versicherungen über leistungsstarke Partnernetzwerke verfügen, oder wie Technologieanbieter kundenspezifische Abwicklungslösungen, z.B. Authorisierung und Abrechnungslösungen bereitstellen können. Kooperationsfähigkeit entscheidet zukünftig über Markterfolg
In diesem Kontext werden sich die Strukturen im Markt für Flottenservice ändern. Entscheidende Parameter für die Strategien zukünftig erfolgreicher Teilnehmer sind konsistente, kundenindividuelle Serviceangebote und die Fähigkeit, spezifische Kooperationen mit den jeweils erforderlichen Marktpartnern einzugehen. Die dadurch weiter zunehmende Komplexität zu antizipieren und innerhalb des eigenen Geschäftsmodells zu handhaben ist das Hauptmerkmal, das heute bereits erfolgreiche Market Player erkennbar macht. Die beschriebenen Trends, Herausforderungen für die Marktteilnehmer und strategische Ansätze zur jeweiligen Reaktion werden in der vorliegenden Studie von den Autoren Dr. Andreas Gissler, Wolf-Dieter Hoppe und Andreas Männel im Detail analysiert.

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Kampf um den Profit Pool - Strukturwandel im Flottenservice

<p>Arthur D. Little Studie mit 80 Führungskräften im Flottenservice / Kundendruck steigt - Leasinggesellschaften treiben den Wandel / Ertrag der OEM und ihrer Servicepartner gefährdet / Werkstattketten profitieren / Kooperationsfähigkeit entscheidet über künftigen Markterfolg</p>

Die Automobilindustrie in Europa kämpft mit einem dramatischen Abschwung. Der Absatzeinbruch hat die Talsohle noch nicht erreicht, die Prognosen der meisten Analysten für 2010 sind negativ. Staatliche Subventionen wie die Abwrackprämie führen zwar zu einer kurzfristigen Markterholung, verlagern jedoch das Volumen- und Umsatzrisiko in die Folgejahre. Selbst das oft wenig beachtete Aftersales-Geschäft, die wichtigste Profitabilitätssäule im Automobilmarkt, ist betroffen. Fast 50 Prozent der Fahrzeuge im Fahrzeugalter bis 3 Jahre (das "Segment 1") in Europa werden Geschäftskunden zugeordnet. Dem Servicemarkt für diese Kundengruppen wurde bis dato wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Fallende Fahrzeugrestwerte und Kostensenkungsziele der Fuhrparkmanager haben dies nun geändert und den Markt in Bewegung gebracht. Neben Herstellern (OEMs), ihren markengebundenen Servicepartnern, unabhängigen Werkstattketten und Leasinggesellschaften (captive und non-captive) sind auch Versicherungen und andere Intermediäre erheblich betroffen. Arthur D. Little hat im Zeitraum März bis Juni 2009 im Rahmen einer Studie 80 Interviews mit Führungskräften in der Industrie durchgeführt. Die Studie zeigt eine erhebliche Unsicherheit bei allen Marktteilnehmern auf, was die Mehrheit der Studienteilnehmer zur Überarbeitung ihrer Strategien treibt. Die derzeitige Situation birgt aber auch Chancen für alle Marktteilnehmer. Die Startpunkte sind jedoch sehr unterschiedlich. Kundendruck steigt - Leasinggesellschaften treiben den Wandel
Der Trend im Flottenservice geht zunehmend weg vom Anbietermarkt und wird nachhaltig bestimmt von den Anforderungen der Geschäftskunden. Hier sind insbesonders die Leasinggesellschaften bestimmend. Aber auch große Firmenfuhrparks spielen im Bereich der Teilebeschaffung, Vermietgesellschaften für das Reifen-, Glas- und Reparaturgeschäft eine wesentliche Rolle. Die Anforderungen dieser Kundengruppen an ihre Werkstattpartner gehen zunehmend über eine "ordentliche" Werkstattleistung hinaus. Gemeinsame Forderungen betreffen vor allem einheitliche Preise und Rabatte sowie konsistente Services (z.B. Hol- und Bringdienste) im gesamten Werkstattnetz. Prozessunterstützung und Vereinfachung der Abwicklung wie z.B. Sammelrechnungen, automatische Reparaturauthorisierung etc. sind mittlerweile Standardanforderungen. OEMs und ihre Netze sind nicht mehr die erste Wahl - auch von ihnen werden ebenfalls zusätzliche Boni, um bei der Partnerauswahl zum Zuge kommen, gefordert. Ertrag der OEM und ihrer Servicepartner gefährdet
Die OEM und ihre Servicepartner können die gestiegenen Anforderungen nicht ausreichend bedienen. Dies liegt insbesonders begründet in der üblichen Franchise-Struktur, bei der Händler und Werkstätten zumeist eigene Preisstellungen für Teile und Services festsetzen können. Ein einheitlicher Auftritt, regional oder national, ist daher für die meisten Marken nicht abbildbar. Verschärft wird die Situation vom Trend, den Fahrzeugservice auch während der Garantiezeit außerhalb des Markennetzes und wo möglich mit gleichwertigen, aber günstigeren Ersatzteilen durchführen zu lassen. Mit dem entstehenden "Serviceleck" gerät für die markengebundenen Werkstätten eine wesentliche Ertragssäule unter Druck, bei den OEM ist das margenstarke Teilegeschäft akut bedroht. Obgleich Normstrategien wie z.B. Großkundennetze, Serviceverträge, einheitliche Leistungspakete etc. vorliegen, tun sich die Hersteller mit einer konsequenten Reaktion immer noch schwer. Werkstattketten profitieren
Profiteure dieses Trends sind großteils die unabhängigen Werkstattketten. Diese suchen nicht zuletzt auch wegen Überkapazitäten im Privatkundenservice nach Möglichkeiten zu profitablem Wachstum. Mit aggressiven Strategien brechen sie auch in das Wartungsgeschäft ein und ergänzen ihre Preisführerschaft zunehmend mit zusätzlichen Services. Ihre Imagenachteile gegenüber den Marken sind erkannt, mit angepasstem Marketing wird gegengesteuert. Erfolgreiche Strategien basieren häufig auf einer Einheitlichkeit des Angebots hinsichtlich Produkt, Service und Preisstellung. In den Bereichen Reifen und Glas, in denen markenübergreifend spezialisierte Geschäftsmodelle entstanden sind, kämpfen die Hersteller mit den heutigen Geschäftsmodellen ihrer Werkstätten bereits auf verlorenem Boden - sehen sich aktuell aber noch außerstande, dieses zu ändern. Intermediäre verändern das Geschäftsmodell
Um die Anforderungen der Geschäftskunden zukünftig bedienen zu können, muss neben einem ausreichend dichten, konsistenten Servicenetzwerk für Großkunden eine performante und konsistente Prozessunterstützung für diese Kunden sichergestellt werden. Hierbei kommt zukünftig den Intermediären eine Schlüsselrolle zu, die wie Versicherungen über leistungsstarke Partnernetzwerke verfügen, oder wie Technologieanbieter kundenspezifische Abwicklungslösungen, z.B. Authorisierung und Abrechnungslösungen bereitstellen können. Kooperationsfähigkeit entscheidet zukünftig über Markterfolg
In diesem Kontext werden sich die Strukturen im Markt für Flottenservice ändern. Entscheidende Parameter für die Strategien zukünftig erfolgreicher Teilnehmer sind konsistente, kundenindividuelle Serviceangebote und die Fähigkeit, spezifische Kooperationen mit den jeweils erforderlichen Marktpartnern einzugehen. Die dadurch weiter zunehmende Komplexität zu antizipieren und innerhalb des eigenen Geschäftsmodells zu handhaben ist das Hauptmerkmal, das heute bereits erfolgreiche Market Player erkennbar macht. Die beschriebenen Trends, Herausforderungen für die Marktteilnehmer und strategische Ansätze zur jeweiligen Reaktion werden in der vorliegenden Studie von den Autoren Dr. Andreas Gissler, Wolf-Dieter Hoppe und Andreas Männel im Detail analysiert.