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Mehr Unternehmertum für deutsche Museen
<p>Museen im europäischen Wettbewerbsvergleich - Arthur D. Little-Studie / Trends: Abhängigkeit von öffentlichen Subventionen reduzieren, Eigenfinanzierungsquote erhöhen, unternehmerisches Handeln erforderlich / Deutschland hinkt im europäischen Vergleich hinterher - Frankreich an der Spitze</p>
Angesichts zunehmenden Konkurrenzdrucks sowie Privatisierungs- und Sparmaßnahmen aufgrund geringerer öffentlicher Subventionen sind Kultureinrichtungen dazu angehalten, ihre Betriebe zu professionalisieren. Museen, die unternehmerisch handeln und den Kunden in den Fokus rücken, werden künftig mehr Mittel erwirtschaften und sich behaupten. Im europaweiten Vergleich sind der Louvre und das Centre Pompidou in Frankreich die Spitzenreiter.
Dies ist das Ergebnis einer Studie der internationalen Unternehmensberatung Arthur D. Little, für die in Europa führende Museen nach dem Grad ihres strategischen und unternehmerischen Handelns untersucht wurden.
Museumsinsel Berlin nur auf Platz 9 im Europavergleich - Franzosen vorne
Gemessen an der Publikumsfrequenz im Jahr 2007 führt der Louvre mit 8,3 Millionen Besuchern vor dem Centre Pompidou (5,5, Millionen) sowie der Tate Gallery (5,2 Millionen) und dem British Museum (4,9 Millionen). Die Museumsinsel Berlin (2,2 Millionen Besucher) folgt als bester deutscher Vertreter erst auf Platz neun. "Hohe Besucherzahlen allein sagen aber noch wenig über die unternehmerische Kompetenz der Museen aus", so Stefan Höffinger, Studienleiter von Arthur D. Little. "Führende Institute haben erkannt, dass auch Maßnahmen zur Internationalisierung und Multiplikation Erfolgsfaktoren sind. Hier sind die Franzosen ebenfalls zukunftsweisend: Der Louvre baut bereits eine Dependance in Abu Dhabi und das Centre Pompidou in Shanghai".
Museumsbesuche in Deutschland nur durchschnittlich - viele Museumsmuffel
48 Prozent der Deutschen besuchen zumindest einmal im Jahr ein Museum oder eine Ausstellung. Damit liegt Deutschland allenfalls im Mittelfeld, bei den Schweden sind es 62 Prozent und bei den Dänen sogar 65 Prozent. Mehr als die Hälfte der Deutschen hat somit in den letzten zwölf Monaten kein einziges Mal ein Museum oder eine Ausstellung besucht, hier liegt laut Studienautor Höffinger "noch enormes brachliegendes Potenzial".
Mehr privat - weniger Staat
Neben einem attraktiven inhaltlichen Angebot ist die Erschließung neuer Erlös- und Ertragsquellen ein weiterer wichtiger Indikator zur Bewertung der Performance. Die Bedeutung der öffentlichen Hand in der Kulturförderung geht zurück. Unabhängigkeit von Subventionen und die Finanzierung der Museen durch eigene Mittel wird immer wichtiger. "Einnahmequellen aus Geldern, die nicht vom Staat kommen, also aus Eintrittskarten, Sponsorengeldern, Vermietungen, speziellen Veranstaltungen und Merchandise werden zu entscheidenden Anforderungen für die Wettbewerbskraft. Die besten Institute der Studie wie das Guggenheim Bilbao oder auch die Albertina in Wien liegen bei Eigenfinanzierungsquoten bis zu 75 Prozent", erläutert Stefan Höffinger.
"Third Places" als Kultur-Cluster für neue Zielgruppen
Zur Erschließung weiterer Zielgruppen empfiehlt die Studie unter anderem die Konzeption semi-öffentlicher Räume, sogenannter "Third Places", in denen sich ein Museum nicht nur als Einzelinstitution vermarktet, sondern sich als Nukleus eines spannend inszenierten Gesamtareals versteht. Ein Museum kann damit Kernelement einer ganz neuen Destination werden. Ideale Voraussetzungen für eine derartige "Clusterbildung" hätten Kulturareale in München und in Berlin, setzten diesen Ansatz aber noch nicht konsequent genug um. Hervorzuheben sei dagegen das Wiener Museumsquartier (MQ), das jährlich über 3 Millionen Besucher anzieht und mit einer Vielfalt künstlerischer, kommunikativer und gastronomischer Angebote begeistert: "Es gilt für die Museen, den Kunden in seiner Gesamtheit in den Fokus zu rücken. Erfolgreiche Kultur-Cluster wie das MQ Wien haben bereits erkannt, dass der Museumsbesucher heute als Kunde mit multidimensionalen Bedürfnissen und nicht ‚nur' als reiner Kunstkonsument betrachtet werden muss", empfiehlt Studienautor Höffinger.
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Mehr Unternehmertum für deutsche Museen
<p>Museen im europäischen Wettbewerbsvergleich - Arthur D. Little-Studie / Trends: Abhängigkeit von öffentlichen Subventionen reduzieren, Eigenfinanzierungsquote erhöhen, unternehmerisches Handeln erforderlich / Deutschland hinkt im europäischen Vergleich hinterher - Frankreich an der Spitze</p>
Angesichts zunehmenden Konkurrenzdrucks sowie Privatisierungs- und Sparmaßnahmen aufgrund geringerer öffentlicher Subventionen sind Kultureinrichtungen dazu angehalten, ihre Betriebe zu professionalisieren. Museen, die unternehmerisch handeln und den Kunden in den Fokus rücken, werden künftig mehr Mittel erwirtschaften und sich behaupten. Im europaweiten Vergleich sind der Louvre und das Centre Pompidou in Frankreich die Spitzenreiter.
Dies ist das Ergebnis einer Studie der internationalen Unternehmensberatung Arthur D. Little, für die in Europa führende Museen nach dem Grad ihres strategischen und unternehmerischen Handelns untersucht wurden.
Museumsinsel Berlin nur auf Platz 9 im Europavergleich - Franzosen vorne
Gemessen an der Publikumsfrequenz im Jahr 2007 führt der Louvre mit 8,3 Millionen Besuchern vor dem Centre Pompidou (5,5, Millionen) sowie der Tate Gallery (5,2 Millionen) und dem British Museum (4,9 Millionen). Die Museumsinsel Berlin (2,2 Millionen Besucher) folgt als bester deutscher Vertreter erst auf Platz neun. "Hohe Besucherzahlen allein sagen aber noch wenig über die unternehmerische Kompetenz der Museen aus", so Stefan Höffinger, Studienleiter von Arthur D. Little. "Führende Institute haben erkannt, dass auch Maßnahmen zur Internationalisierung und Multiplikation Erfolgsfaktoren sind. Hier sind die Franzosen ebenfalls zukunftsweisend: Der Louvre baut bereits eine Dependance in Abu Dhabi und das Centre Pompidou in Shanghai".
Museumsbesuche in Deutschland nur durchschnittlich - viele Museumsmuffel
48 Prozent der Deutschen besuchen zumindest einmal im Jahr ein Museum oder eine Ausstellung. Damit liegt Deutschland allenfalls im Mittelfeld, bei den Schweden sind es 62 Prozent und bei den Dänen sogar 65 Prozent. Mehr als die Hälfte der Deutschen hat somit in den letzten zwölf Monaten kein einziges Mal ein Museum oder eine Ausstellung besucht, hier liegt laut Studienautor Höffinger "noch enormes brachliegendes Potenzial".
Mehr privat - weniger Staat
Neben einem attraktiven inhaltlichen Angebot ist die Erschließung neuer Erlös- und Ertragsquellen ein weiterer wichtiger Indikator zur Bewertung der Performance. Die Bedeutung der öffentlichen Hand in der Kulturförderung geht zurück. Unabhängigkeit von Subventionen und die Finanzierung der Museen durch eigene Mittel wird immer wichtiger. "Einnahmequellen aus Geldern, die nicht vom Staat kommen, also aus Eintrittskarten, Sponsorengeldern, Vermietungen, speziellen Veranstaltungen und Merchandise werden zu entscheidenden Anforderungen für die Wettbewerbskraft. Die besten Institute der Studie wie das Guggenheim Bilbao oder auch die Albertina in Wien liegen bei Eigenfinanzierungsquoten bis zu 75 Prozent", erläutert Stefan Höffinger.
"Third Places" als Kultur-Cluster für neue Zielgruppen
Zur Erschließung weiterer Zielgruppen empfiehlt die Studie unter anderem die Konzeption semi-öffentlicher Räume, sogenannter "Third Places", in denen sich ein Museum nicht nur als Einzelinstitution vermarktet, sondern sich als Nukleus eines spannend inszenierten Gesamtareals versteht. Ein Museum kann damit Kernelement einer ganz neuen Destination werden. Ideale Voraussetzungen für eine derartige "Clusterbildung" hätten Kulturareale in München und in Berlin, setzten diesen Ansatz aber noch nicht konsequent genug um. Hervorzuheben sei dagegen das Wiener Museumsquartier (MQ), das jährlich über 3 Millionen Besucher anzieht und mit einer Vielfalt künstlerischer, kommunikativer und gastronomischer Angebote begeistert: "Es gilt für die Museen, den Kunden in seiner Gesamtheit in den Fokus zu rücken. Erfolgreiche Kultur-Cluster wie das MQ Wien haben bereits erkannt, dass der Museumsbesucher heute als Kunde mit multidimensionalen Bedürfnissen und nicht ‚nur' als reiner Kunstkonsument betrachtet werden muss", empfiehlt Studienautor Höffinger.