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Arthur D. Little-Studie zu Mobile Advertising: Verpassen Mobilfunkanbieter die Marktwende?

Bereits in den letzten Monaten des Jahres 2006 und Anfang 2007 kündigten zahlreiche Mobilfunkanbieter, darunter Orange, Vodafone und '3' in England an, ihre Umsätze durch Werbung auf dem Handy deutlich steigern zu wollen. Die entsprechenden Budgets wurden aufgestockt und neue, durch Werbung gesponserte Angebote, vorgestellt.  Parallel dazu versuchten zahlreiche Start-up-Firmen, z. B. Screentonic, Enpocket oder Phonevalley, entweder als Mitbewerber oder in Zusammenarbeit mit den Werbern der Mobilfunkanbieter auf dem Markt Fuß zu fassen. Alle Anbieter sahen sich zunächst mit Problemen technischer Natur konfrontiert (fehlende Standards, Kompatibilität der Terminals ...), aber auch mit der skeptischen Haltung großer Agenturen und Werbekunden, die insbesondere den Mangel an präzisen Daten über die Ergebnisse von Kampagnen, die schwache Nutzung der Handy-Funktionen bzw. die eng umrissene Zielgruppe (junge Menschen, die Multimedia-Funktionen des Handys nutzen) kritisierten.
Der Umsatz bei der Werbung über das Mobiltelefon kam bislang noch nicht recht in Schwung. In Deutschland schätzt, Klaus von den Hoff, Leiter der Telekommunikations Practice bei Arthur D. Little und Co-Author der Mobile Advertising-Studie, beispielsweise, dass "dieser Markt bisher nur circa 70-75 Mio. Euro erwirtschaftet, davon 95% über klassische Werbe-SMS, während andere Werbeformen (Banner, Werbung innerhalb der Seiteninhalte, gesponserte Links, Kommunikation mit Werbeflächen, geolokalisierte Werbung …) nur in Ansätzen genutzt werden".
Der Markt erfährt jedoch derzeitig einen radikalen Umbruch. Die Mobilfunkanbieter bieten zunehmend gegen 'Flatrates' unbegrenzten Zugang zu Mobilfunkdiensten, wodurch Nutzung und Akzeptanz für Dienste enorm gefördert werden, die potenziell Werbeeinnahmen versprechen. Zudem ist das Ecosystem im Mobile Advertising unvermittelt in eine Konsolidierungs- und Strukturierungsphase eingetreten: innerhalb der letzten drei Monate machten große Namen der Werbe- und IT-Branche von sich reden: "Microsoft übernimmt Screentronic, Publicis kauft Enpocket, Phonewalley, Yahoo übernimmt Actionnality! … viele Signale, dass der Markt vor einer entscheidenden Wende steht.", sagt Klaus  von den Hoff. Und nun tritt auch Google mit der Vorstellung der Free Handset Alliance, einem Konsortium namhafter Firmen, darunter Netzbetreiber (Deutsche Telekom, Sprint …), Telefonhersteller (Motorola, LG, Samsung und HTC) sowie Chiphersteller (Texas, Qualcomm, Intel) die alle die Google Software-Plattform Android unterstützen auf den Plan: sie soll die Entwicklung bzw. Übermittlung innovativer Anwendungen vom PC auf Mobiltelefone ermöglichen. Google schafft damit eine offene, allen Entwicklern zugängliche Plattform, die den Bereich Multimedia im Mobilfunk tatsächlich voranbringen könnte. Aber auch die Fa. Mountain View erhofft sich, das im Internet so erfolgreiche Werbe-Business-Modell mit Funknetzversionen ihrer Suchmaschine, von GMail, Googlemap oder auch Youtube auf diesen Markt übertragen zu können. Google kann hier jetzt nicht aufhören … Dessen Teilnahme an der Auktion in den USA zum Erwerb der erforderlichen Mobilfunkfrequenzen für das mobile Internet verleiht den Gerüchten um ein teilweise oder komplett durch Werbung gesponsertes gPhone neue Nahrung …
Das Mobiltelefon bietet in der Tat unbestreitbare Vorteile, um Werbekunden zu überzeugen: es besticht neben einer Rekordnutzerrate und der Tatsache, dass der Nutzer es praktisch ständig mit sich trägt, durch eine extrem gezielte und individuelle Verbreitung der Werbebotschaft auf der Grundlage soziodemographischer, aber auch zeitlicher oder geographischer Auswahlkriterien.
Google, Publicis und anderen Akteuren, die auf diesen Markt zielen, liegt es am Herzen, da erfolgreich zu sein, wo die Mobilfunkanbieter gescheitert sind: mit ihrer Schlagkraft werden sie bald den Markt konsolidieren, einen einfachen und für alle zugänglichen technischen Standard entwickeln und mit groß angelegten Vermarktungsmaßnahmen den Stellenwert und die Stärke dieses neuen Werbemediums unter Beweis stellen. Sie setzen zudem auf eine größtmögliche Nutzung des in der Geolokalisation liegenden Potentials, was beispielsweise Nokia kürzlich durch die Übernahme von Navteq belegte, einer auf elektronische Kartographie spezialisierten Firma, die zahlreiche Hersteller von GPS-Systemen für KFZ-GPS und Google Earth beliefert.
Dann gilt es nur noch, die "goldene Eier legende Henne nicht zu töten", d. h. die Toleranz der Nutzer nicht zu überstrapazieren: wegen der starken Zunahme von Werbung im Internet und bei E-Mails lehnen immer mehr Nutzer Werbung ab und die Anzahl der Zugriffe verringert sich …
In Anbetracht dieser Entwicklungen schätzt Klaus von den Hoff, Direktor von Arthur D Little in Paris, dass "Mobile Advertising in Westeuropa jährlich bis 2010 um durchschnittlich 60 % auf 3,1 Mill. Euro und bis 2012 auf 5,3 Mill. Euro ansteigen wird, d. h. 0,6 Euro im Jahr 2010 und einen Euro pro Monat und Nutzer im Jahr 2012 betragen wird."
Vorauss. Marktentwicklung in der Mobilfunkvermarktung in Westeuropa bis 2012
Abb. 1: Vorauss. Marktentwicklung in der Mobilfunkvermarktung in Westeuropa bis 2012

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Arthur D. Little-Studie zu Mobile Advertising: Verpassen Mobilfunkanbieter die Marktwende?

Bereits in den letzten Monaten des Jahres 2006 und Anfang 2007 kündigten zahlreiche Mobilfunkanbieter, darunter Orange, Vodafone und '3' in England an, ihre Umsätze durch Werbung auf dem Handy deutlich steigern zu wollen. Die entsprechenden Budgets wurden aufgestockt und neue, durch Werbung gesponserte Angebote, vorgestellt.  Parallel dazu versuchten zahlreiche Start-up-Firmen, z. B. Screentonic, Enpocket oder Phonevalley, entweder als Mitbewerber oder in Zusammenarbeit mit den Werbern der Mobilfunkanbieter auf dem Markt Fuß zu fassen. Alle Anbieter sahen sich zunächst mit Problemen technischer Natur konfrontiert (fehlende Standards, Kompatibilität der Terminals ...), aber auch mit der skeptischen Haltung großer Agenturen und Werbekunden, die insbesondere den Mangel an präzisen Daten über die Ergebnisse von Kampagnen, die schwache Nutzung der Handy-Funktionen bzw. die eng umrissene Zielgruppe (junge Menschen, die Multimedia-Funktionen des Handys nutzen) kritisierten.
Der Umsatz bei der Werbung über das Mobiltelefon kam bislang noch nicht recht in Schwung. In Deutschland schätzt, Klaus von den Hoff, Leiter der Telekommunikations Practice bei Arthur D. Little und Co-Author der Mobile Advertising-Studie, beispielsweise, dass "dieser Markt bisher nur circa 70-75 Mio. Euro erwirtschaftet, davon 95% über klassische Werbe-SMS, während andere Werbeformen (Banner, Werbung innerhalb der Seiteninhalte, gesponserte Links, Kommunikation mit Werbeflächen, geolokalisierte Werbung …) nur in Ansätzen genutzt werden".
Der Markt erfährt jedoch derzeitig einen radikalen Umbruch. Die Mobilfunkanbieter bieten zunehmend gegen 'Flatrates' unbegrenzten Zugang zu Mobilfunkdiensten, wodurch Nutzung und Akzeptanz für Dienste enorm gefördert werden, die potenziell Werbeeinnahmen versprechen. Zudem ist das Ecosystem im Mobile Advertising unvermittelt in eine Konsolidierungs- und Strukturierungsphase eingetreten: innerhalb der letzten drei Monate machten große Namen der Werbe- und IT-Branche von sich reden: "Microsoft übernimmt Screentronic, Publicis kauft Enpocket, Phonewalley, Yahoo übernimmt Actionnality! … viele Signale, dass der Markt vor einer entscheidenden Wende steht.", sagt Klaus  von den Hoff. Und nun tritt auch Google mit der Vorstellung der Free Handset Alliance, einem Konsortium namhafter Firmen, darunter Netzbetreiber (Deutsche Telekom, Sprint …), Telefonhersteller (Motorola, LG, Samsung und HTC) sowie Chiphersteller (Texas, Qualcomm, Intel) die alle die Google Software-Plattform Android unterstützen auf den Plan: sie soll die Entwicklung bzw. Übermittlung innovativer Anwendungen vom PC auf Mobiltelefone ermöglichen. Google schafft damit eine offene, allen Entwicklern zugängliche Plattform, die den Bereich Multimedia im Mobilfunk tatsächlich voranbringen könnte. Aber auch die Fa. Mountain View erhofft sich, das im Internet so erfolgreiche Werbe-Business-Modell mit Funknetzversionen ihrer Suchmaschine, von GMail, Googlemap oder auch Youtube auf diesen Markt übertragen zu können. Google kann hier jetzt nicht aufhören … Dessen Teilnahme an der Auktion in den USA zum Erwerb der erforderlichen Mobilfunkfrequenzen für das mobile Internet verleiht den Gerüchten um ein teilweise oder komplett durch Werbung gesponsertes gPhone neue Nahrung …
Das Mobiltelefon bietet in der Tat unbestreitbare Vorteile, um Werbekunden zu überzeugen: es besticht neben einer Rekordnutzerrate und der Tatsache, dass der Nutzer es praktisch ständig mit sich trägt, durch eine extrem gezielte und individuelle Verbreitung der Werbebotschaft auf der Grundlage soziodemographischer, aber auch zeitlicher oder geographischer Auswahlkriterien.
Google, Publicis und anderen Akteuren, die auf diesen Markt zielen, liegt es am Herzen, da erfolgreich zu sein, wo die Mobilfunkanbieter gescheitert sind: mit ihrer Schlagkraft werden sie bald den Markt konsolidieren, einen einfachen und für alle zugänglichen technischen Standard entwickeln und mit groß angelegten Vermarktungsmaßnahmen den Stellenwert und die Stärke dieses neuen Werbemediums unter Beweis stellen. Sie setzen zudem auf eine größtmögliche Nutzung des in der Geolokalisation liegenden Potentials, was beispielsweise Nokia kürzlich durch die Übernahme von Navteq belegte, einer auf elektronische Kartographie spezialisierten Firma, die zahlreiche Hersteller von GPS-Systemen für KFZ-GPS und Google Earth beliefert.
Dann gilt es nur noch, die "goldene Eier legende Henne nicht zu töten", d. h. die Toleranz der Nutzer nicht zu überstrapazieren: wegen der starken Zunahme von Werbung im Internet und bei E-Mails lehnen immer mehr Nutzer Werbung ab und die Anzahl der Zugriffe verringert sich …
In Anbetracht dieser Entwicklungen schätzt Klaus von den Hoff, Direktor von Arthur D Little in Paris, dass "Mobile Advertising in Westeuropa jährlich bis 2010 um durchschnittlich 60 % auf 3,1 Mill. Euro und bis 2012 auf 5,3 Mill. Euro ansteigen wird, d. h. 0,6 Euro im Jahr 2010 und einen Euro pro Monat und Nutzer im Jahr 2012 betragen wird."
Vorauss. Marktentwicklung in der Mobilfunkvermarktung in Westeuropa bis 2012
Abb. 1: Vorauss. Marktentwicklung in der Mobilfunkvermarktung in Westeuropa bis 2012